Dieser Bericht erschien in der Zeitschrift LARPzeit #61.
Hin und wieder kommt es vor das man in den bekannten Flohmarktgruppen des Social Media angerostete Rüstungen angeboten bekommt. Für Söldner, Orks, Banditen oder Chaos geeignet steht dort oft. Aber oft ist es dann auch so dass man etwas andere Rüstungsteile braucht oder man sich für sein Outfit andere Schultern vorgestellt hat als die die angeboten werden. Und oft ist es ja auch so dass dann, wenn man nach solchen rostigen alten Rüstungsteilen sucht gerade keine angeboten werden. In diesen Fällen heißt es: Selber aktiv werden.
Wie kriege ich also nun meine Rüstungsteile so rostig wie ich es haben möchte? Das einfachste wäre die Rüstung einfach ohne Öl einen Winter lang auf dem Dachboden zu lagern. Durch die schnellen Temperaturunterschiede setzt sich Kondenswasser ab und man hat mit etwas Glück nach einem halben Jahr schon eine ordentliche Rostschicht. Aber sind wir mal ehrlich: Wer will schon ein halbes Jahr warten, wenn er sich eine neue Klamotte zusammenbauen möchte? Wie das ganze schneller geht möchte ich euch hier nun vorstellen.
Die einfachste Methode eine Rüstung rostig zu bekommen ist sie mit Essig einzusprühen und eine Weile (über Nacht) an der frischen Luft liegen zu lassen. Hier ergibt sich eine Rostschicht die jedoch ungleichmäßig ist. Der Vorteil hier ist das man an Essig schnell und günstig drankommt.
Wer eine gleichmäßige Rostschicht haben möchte und vielleicht auch noch etwas Einfluss auf die Rostfarbe haben möchte dem empfehle ich ein Oxidationsmittel Hier kann man entschieden ob man eine Grünspan-Patina oder eher ein Rotbraunton haben möchte. Auch andere Farbtöne sind möglich. Die 250ml-Flasche gibt es im gut sortierten Künstlerbedarf oder im Internet und kostet um die 13 Euro. Kein günstiges Vergnügen also, wenn man bedenkt das man einen Liter Essig für nicht mal einen Euro bekommt. Dennoch ist das Ergebnis um ein vielfaches schöner. Die Rostschicht ist gleichmäßig und farblich so wie man es haben möchte.
Die Verarbeitung ist ganz einfach: Mit einem Pinsel auf die gewünschten stellen auftragen und über Nacht einwirken lassen. Am nächsten Morgen hat man dann eine schöne gleichmäßige Oxidationsschicht.
Oxidationsmittel gibt es in verschiedenen Farbtönen. Dabei spielt auch das Material eine wichtige Rolle. Hier gibt es das Oxidationsmittel zu kaufen:
blaugrün (Metall) / rotbraun (Eisen)
mittelbraun (Metall) / blaugrün (Eisen)
dunkelbraun (Metall) / dunkelgrün (Eisen)
Eine weitere einfache Möglichkeit ist es mithilfe von Salz und Peroxid Rost zu erzeugen. Dazu braucht ihr einen gut belüfteten Ort, am besten im Freien. Das Peroxid gibt man in eine Sprühflasche (Erleichtert das Auftragen auf das Metall). Anschließend das Metall gut und reichlich einsprühen. Hier gilt die Devise: Umso mehr desto besser. Nun schnell das Salz auf das Metall geben. Wichtig ist, dass das Peroxid noch feucht ist. Der Rostvorgang beginnt unmittelbar, man kann dem Metall beim Rosten zusehen. Je mehr Salz man nimmt umso dicker ist die Rostschicht. Nun muss man das ganze an der Luft trocknen lassen. Wichtig ist das man das Salz erst abwischt, wenn alles komplett getrocknet ist, ansonsten gibt es Flecken auf dem Metall. Reibe das Salz also erst nach dem Trocknen ab und bewundere dein Werk.
Bitte beachte: Wenn ihr mit einem Oxidationsmittel oder anderen Chemikalien arbeitet dann arbeitet ihr mit einem Gefahrstoff. Also unbedingt Schutzhandschuhe tragen und wenn möglich eine Schutzbrille. Bei Berührung mit der Haut unbedingt gründlich abwaschen. Das man das Mittel nur an gut belüfteten Orten verarbeiten sollte versteht sich von selber.
Ich habe mit dem Oxidationsmittel die besten Erfahrungen gemacht. Es ist am einfachsten zu verarbeiten und gibt die schönsten Ergebnisse.
Wenn man seine Rüstung so rostig hat wie man es möchte ist es natürlich wichtig den Rost zu schützen. Denn Rost ist ansteckend. Nehme ein rostiges Messer und „schneide“ damit auf einem Eisenstück und du wirst sehen das genau dort wo du mit dem rostigen Messer lang gegangen bist neuer Rost auf dem Eisenstück entsteht. Gleiches passiert, wenn du mit deiner rostigen Rüstung gegen blanke Rüstungen kommst.
Um den Rostprozess anzuhalten muss man dem Ganzen das nehmen was es braucht: Die Luft. Dazu kann man einfach mit Topcoat arbeiten. Das hat mehrere Vorteile: Es verträgt sich mit LARP-Waffen, schließt luftdicht ab und bricht nicht so schnell wie beispielsweise Klarlack. Einfach das Topcoat wie man es auch zum LARP-Waffenbau nimmt auftragen und trocknen lassen. Am besten zwei Schichten so wird sichergestellt das nicht noch irgendwo Luft durch kommt. Sollte in einer Schlacht doch mal etwas abblättern kann man ganz einfach mit etwas Topcoat die schadhafte stelle schnell reparieren.
Ein weiterer Vorteil ist das der Rost so auch nicht ab geht und man sich dadurch seine Klamotten beim Transport zu sehr versaut. Jeder der schonmal Rostflecken auf einem weißen Stoffstück hatte weiß wie schwer das wieder raus geht.
Auf dem Bild ist der Unterschied zwischen der Rostbildung durch Essig (unten) und Oxidationsmittel (Oben) zu sehen. Während beim Essig die Rostschicht ungleichmäßig ist und man das Metall noch gut erkennt hat sich beim Oxidationsmittel eine schöne dicke und gleichmäßige Rostschicht gebildet. Am Ende alles mit Topcoat versiegeln und schon hat man auf Dauer eine gleichbleibende Rostschicht. Das Rüstungsteil auf dem Bild hat schon mehrere Schlachten im Regen durchgestanden und auch Literweise Kunstblut hat sie schon gesehen. Trotzdem ist nichts weiter gerostet oder der Rost abgegangen.
Peroxid oder Wasserstoffperoxid
Wasserstoffperoxid ist eine chemische Verbindung die etwas zähflüssiger ist als normales Wasser. Es ist ein sehr starkes Oxidationsmittel, besonders heftig reagiert es mit Kupfer und Messing. Aber auch mit Metall wie es bei Rüstungen häufig verwendet wird reagiert das Peroxid und sorgt für entsprechende Oxidation. Der Grund hierfür liegt darin, dass das Metall in Rüstungen nie ganz rein ist. Es können sich verschiedene andere „Verunreinigungen“ im Metall befinden, wie beispielsweise das bereits erwähnte Messing.
Wasserstoffperoxid ist eine schwache Säure. Es wird für viele verschiedene Zwecke eingesetzt: Bleichen, Desinfektion, gegen Schimmelbefall, in der Medizin, und so weiter. Je nach Einsatzgebiet jedoch in unterschiedlichen Stärken und Mischungen. Sogar in Raketen- und Torpedotriebwerken wird es eingesetzt. Entsprechend sollte man zwingend einige Sicherheitsvorkehrungen einhalten, wenn man mit Peroxiden arbeitet. Eine Schutzbrille, Schutzhandschuhe und eine Säurefeste Unterlage, zumindest aber eine die den Tisch darunter schützt, sollten hier das mindeste sein was man an Schutzausrüstung bereithalten sollte wenn man mit dieser Chemikalie arbeitet. Auch ist zwingend auf eine ausreichende Belüftung zu achten.
Aufgrund der bleichenden Wirkung sollte man auch nicht unbedingt die besten Klamotten während der Verarbeitung tragen, denn ein schwarzes T-Shirt kann so schnell mal weiße Flecken bekommen.
Da Hoch konzentrierte Peroxide sich mitunter explosiv zersetzen können sind im freien Handel nur Peroxide bis maximal 12% erhältlich. So stark muss es jedoch nicht sein. Zum Zwecke des „richtigen Rostens“ reichen Lösungen bis maximal 5%. Dieses erhält man in gut sortierten Apotheken.